Beitragsfreie Entgeltumwandlungen in der Sozialversicherung deutlich erschwert
Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben neue Anforderungen an das
Zusätzlichkeitserfordernis für beitragsfreie Arbeitgeberleistungen festgelegt. Da sie sich dabei
an dem Steuerrecht orientiert haben, ist die Sichtweise nun restriktiver als bisher. Die
geänderte Auffassung gilt (auch in Bestandsfällen) spätestens für
Entgeltabrechnungszeiträume ab dem 1.1.2022.
Hintergrund: Nach § 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) zählen bestimmte
Einnahmen, Beiträge und Zuwendungen nicht zum Arbeitsentgelt, wenn sie zusätzlich zu den
Löhnen oder Gehältern gewährt werden. Für die Steuerfreiheit oder Pauschalbesteuerung
bestimmter Zuwendungen sieht bereits das Steuerrecht das Zusätzlichkeitserfordernis vor
(z. B. für Kindergartenzuschüsse).
Bislang wurde angenommen, dass im Sozialversicherungsrecht eine Entgeltumwandlung
dann zur Beitragsfreiheit der daraus resultierenden Arbeitgeberleistung führt, wenn der
Verzicht ernsthaft gewollt und nicht nur vorübergehend sowie auf künftig fällig werdende
Arbeitsentgeltbestandteile gerichtet und arbeitsrechtlich zulässig ist.
Beachten Sie: Im Steuerrecht hingegen kann das Zusätzlichkeitserfordernis grundsätzlich
nicht durch Entgeltumwandlungen erfüllt werden.
Ein Urteil des Bundessozialgerichts aus 2021 stand dieser Handhabung jedoch entgegen,
sodass sich die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung auf ein neues
beitragsrechtliches Zusätzlichkeitserfordernis verständigen mussten. Danach sind nun
grundsätzlich die Kriterien des steuerlichen Zusätzlichkeitserfordernisses nach § 8 Abs. 4
Einkommensteuergesetz (EStG) in Ansatz zu bringen.
Hiernach werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten
(Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann zusätzlich zum ohnehin
geschuldeten Arbeitslohn erbracht, wenn
• die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
• der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
• die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits
vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
• bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.
Beachten Sie: Die steuerlichen Kriterien sind auch dann zu prüfen, wenn allein das
Beitragsrecht der Sozialversicherung – nicht aber das Steuerrecht – für bestimmte
Tatbestände ein Zusätzlichkeitserfordernis verlangt. Bei Entgeltumwandlungen im Sinne
eines vorherigen Entgeltverzichts und daraus resultierenden neuen Zuwendungen des
Arbeitgebers ist daher regelmäßig davon auszugehen, dass es an der Zusätzlichkeit der
neuen Zuwendungen fehlt.
Quelle: Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der
Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 11.11.2021