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Abgrenzung zwischen zulässigem Leistungswettbewerb des ausgeschiedenen Vertrieblers und  unzulässiger Verwertung von geheimhaltungsbedürftigen Geschäftsgeheimnissen

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf beschäftigte sich im Urteil vom 3.6.2020 zu dem Aktenzeichen 12 SaGA 4/20 mit der Frage, inwiefern im Rahmen der Vertriebstätigkeit gewonnene Kundeninformationen nach Ausscheiden weiter genutzt werden dürfen.

Das Gericht verurteilte einen ehemaligen Außendienstmitarbeiter, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 € zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen.

Der Außendienstmitarbeiter hatte sich vertraglich verpflichtet, alle Angelegenheiten und Vorgänge, die im Rahmen der Tätigkeit bekannt geworden sind und bekannt werden geheim zu halten. Im Rahmen seiner der Vertriebstätigkeit wurden von dem Beklagten Vermerke über Kundenkontakte erfasst mit Namen der Ansprechpartner und weiteren Details.

Nach seinem Ausscheiden kontaktierte der Beklagte eben dieses Kunden unter Bezugnahme auf seine früheren Kontakte für das alte Unternehmen und warb jetzt für neue Angebote. Als das alte Unternehmen dies erfuhr, verklagte es den Außendienstmitarbeiter und verlangte Unterlassung der Nutzung der aus seiner vergangenen Tätigkeit gewonnenen Geschäftsgeheimnisse.

Der Beklagte verteidigte sich damit, dass ihm die Kunden, mit denen er regelmäßig Kontakt hatte, nach mehrjähriger Tätigkeit ohne weiteres erinnerlich seien und er insofern für die Kontaktaufnahme mit diesen keine geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen verwendet habe, in deren Besitz er nicht sein dürfe.

Grundsätzlich liegt kein vertrags- oder wettbewerbswidriges Verhalten vor, wenn ein ausgeschiedener Handelsvertreter Kundenadressen verwertet, die in seinem Gedächtnis geblieben sind, oder sich solche Anschriften von Kunden nutzbar macht, die keinen dauerhaften geschäftlichen Kontakt zu dem bisher vertretenen Unternehmen aufgenommen haben. Es entspreche vielmehr dem Grundsatz des Leistungswettbewerbs, wenn ein ausgeschiedener Handelsvertreter zu seinem früheren Geschäftsherrn in Wettbewerb tritt (BGH 14.01.1999 a.a.O. Rn. 26; BGH 27.04.2006 a.a.O. Rn. 13). Der Ausscheidende darf sein Erfahrungswissen aus der Tätigkeit auch soweit es sich auf Geschäftsgeheimnisse bezieht, in seiner neuen Tätigkeit verwerten (BAG 15.06.1993 – 9 AZR 558/91, juris Rn. 52).

Etwas anderes gilt aber, wenn dieser nachvertragliche Leistungswettbewerb dadurch betrieben wird, dass dabei der Geheimhaltung unterliegende Geschäftsgeheimnisse ausgenutzt werden – dies ist unlauterer Wettbewerb.

Das Gericht befand, eine unzulässige Verwertung der Kundenliste als Geschäftsgeheimnis eines Unternehmens sei auch dann gegeben, wenn die Namen der Kunden im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit in die persönlichen Unterlagen des Außendienstmitarbeiters gelangt sind und von diesem dann bei der Ausübung seiner späteren Geschäftstätigkeit außerhalb des Unternehmens verwertet werden. Der ehemalige Außendienstmitarbeiter dürfe auch keine Aufzeichnungen verwenden, die er nicht auf den geschäftlichen ihm vom Unternehmen zur Verfügung gestellten Medien gemacht hat, sondern solche, die dieser außerhalb davon auf eigenen Medien, wie z.B. dem Kalender, angefertigt hat. Das Behalten und Nutzen der privaten Aufzeichnungen zum Zwecke des Wettbewerbs ist eine Nutzung, die nicht den anständigen Marktgepflogenheiten entspricht (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG) und den Beklagten deshalb zum Rechtsverletzer mache.

Das Gericht untersuchte in jedem konkreten Fall, inwiefern es als nachvollziehbar angesehen werden könne, in welchem Umfang sich der Außendienstmitarbeiter an einen Kunden erinnern könne und auf welche Details sich diese Erinnerung beziehe. Als relevant wurde dabei u.a. angesehen, welchen Grund der ehemalige Außendienstmitarbeiter für die konkrete Erinnerung gebe und ob nur ungefähre Preisspannen in dem neuen Kontakt angegeben wurden oder der genaue Preis der vorangegangenen Käufe.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei einer Verwertung von Informationen, die aus vorangegangener Tätigkeit für ein Unternehmen gewonnen wurden, nach Ende des Vertrages äußerste Vorsicht angezeigt ist. Dies gilt umso mehr – aber nicht nur – im Falle von vertraglichen Geheimhaltungsklauseln.

Mitgeteilt von Rechtsanwältin Dr. Petra Weipert